Wagen 100 – Büssing Emmelmann TU11

Im Frühjahr 1958 bestellten die Mainzer Verkehrsbetriebe bei der Büssing Nutzkraftwagen GmbH aus Braunschweig vier Omnibusse des Typs TU 11.

Die Typenbezeichnung ergibt sich aus dem Wort „Trambus“ mit „Unterflurmotor“ und einer Länge von ca. 11 Meter.

Die Aufbauten steuerte das Werk „Adolf Emmelmann“ aus Hannover bei. Dies war schon fast selbstverständlich, da Emmelmann als Hauslieferant von Büssing schon seit 1952 alle für Mainz gelieferten Büssingomnibusse mit Aufbauten versah.

Der 11,7 m lange Aufbau war erstmals mit drei Türen versehen, wobei allerdings der Einstieg nur durch die letzte Tür vorgesehen war. Rechts neben dem Eingang saß der Schaffner.

Die Türen eins und zwei waren einfach breite Falttüren, während, um den Andrang im Bus beim Einstieg gerecht zu werden, die dritte Tür als eine Doppelbreitetür ausgestattet war.

Im Originalzustand verfügte der TU11 über 32 Fahrgastsitzplätze und über 54 Stehplätze. Die Sitzplatzanordnung hinter dem Fahrerplatz sah insgesamt sieben Doppelsitzbänke und abschließend, gegenüber dem Schaffnerplatz, eine Quersitzreihe für fünf Fahrgäste vor. Auf der Türseite, zwischen erster und zweiter Tür, war eine Quersitzreihe für ebenfalls vier bis fünf Personen, danach zwei Einzelsitze. Nach der zweiten Tür waren zwei Doppelsitzbänke, gefolgt vom Schaffnerplatz. Das Heck war als Plattform für Stehplätze. Die Sitze waren mit dunkel Grünem Kunstleder bespannt.

Die elfenbeinfarbenen Busse verfügten an der Front über einen Zielfilmkasten. Darüber thronte mittig ein überdimensional großer Dachreiter für die Liniennummer. Seitlich befand sich in der Dachrundung, wie auch bei Triebwagen 121-135 üblich, ebenfalls ein Ziel- und Linienanzeiger auf Höhe des vorletzten Fensters. Diesem angeschlossen war ein Außenlautsprecher.

Bis 1968 wurde die Liniennummer im Heckfenster durch eine weiße Hartfaserplatte mit ausgestanzter Nummer angezeigt. 1968 wurde dieses System durch einen eigenen Linienfilmkasten in der rechten oberen Heckfensterecke ersetzt.

Unterhalb der Fenster verlief ein roter Zierstreifen, der jeweils oben und unten durch eine kleine Chromleiste eingerahmt wurde. Die seitlichen Motorklappen waren ebenfalls bei Lieferung in Chrome eingefasst. Damals üblich war auch eine große Chromstoßstange, die Anfang der 70er Jahre durch solche aus Kunststoff ersetzt wurden. Auch sämtliche Chromleisten verschwanden nach und nach. Anfänglich waren die Fahrzeuge mit kleinen runden Außenspiegeln ausgestattet. In den 70er Jahren wurden diese gegen etwas größere gewechselt.

Als „Klimaanlage“ verfügte der Büssing über nach vorne ausklappbare Frontfenster. Seitlich war jedes zweite Fenster mit kleinen Schiebefenstern versehen.

Der Dachreiter wurde 1971 um die Hälfte gekürzt um die neue betriebseigene Waschanlage befahren zu können. In den Jahren 1967 und 1968 wurden die Fahrzeuge nach und nach auf Einmannbetrieb umgerüstet. Hierfür wurde der Schaffnerplatz durch eine Doppelquersitzreihe ersetzt. Der Fahrer erhielt nun eine eigene Kasse. Die Sitzplatzanzahl stieg somit von 31 auf 33 Sitzplätze. Mehr Stehplätze sah der Umbau allerdings nicht vor.

Die mittlere und hintere Tür wurde so auf eine Türautomatik umgerüstet, die es dem Fahrgast ermöglichte die Türen selbstständig zu betätigen.

Wie schon die letzten gelieferten Busse verfügte der TU11 über den Unterflurmotor „U10“ mit 150 PS. Mit einem Hubraum von 9.850 cm³ und dem DIWABUS- Automatikgetriebe erreichte dieser 61 Stundenkilometer.

 

Die Indienststellung

Von den vier im Frühjahr bestellten Fahrzeugen lieferte Büssing Ende August 1958 zunächst erst drei Exemplare. Diese wurden als Wagen, 100, 101 und 103 eingereiht. Wagen 102 wurde einige Wochen nachgeliefert. Als Ersatz diente in dieser Zeit ein Baugleicher Vorführwagen.

Da diese Fahrzeuge für die Einstellung der rechtsrheinischen Straßenbahnen nach Kostheim dienten, bemerkten die Verkehrsbetriebe, dass vier Fahrzeuge zu eng bemessen waren und so wurden zwei weitere Fahrzeuge desselben Typs und Ausstattung bestellt. Liefern konnte Büssing diese im ersten Quartal 1959. Die beiden Wagen wurden als 104 und 105 eingereiht.

Anfangs sah man die Fahrzeuge zumeist auf der Omnibuslinie 19 nach Kostheim Winterstraße fahren. Später wurden diese hauptsächlich auf der Linie 7 Münchfeld – Straßenbahnamt eingesetzt. Die letzten Einsätze der Wagen 100, 104 und 105 waren dann fast ausschließlich nur noch als E- und Schulbusfahrten.

Werbung an Öffentlichen Verkehrsmittel hat in Mainz schon lange Tradition. Bereits die Pferdebahnwagen trugen Werbung für regionale Unternehmen.

Anfänglich wurden die Busse 100 bis 105 in hellelefenbeinfarben geliefert. Zwischen erster und zweiter Tür wurde, wie damals üblich, ein großer Schriftzug „Stadt Mainz“ inkl. Stadtwappen und Wagennummer angebracht. Diese musste aber bereits Anfang der 60er Jahre so genannter „Bandenwerbung“ weichen, der Eigentümerschriftzug wurde um einiges kleiner und rückte, auf der Türseite, vor die erste Tür und auf der Fahrerseite unterhalb des Fahrerfensters. Hier sollte der „Stadtwerke Mainz“ Schriftzug bis 1967/68 bleiben, ehe dieser (nur) auf der Türseite hinter die erste Tür wanderte. Der Platz an der Front wurde für die Kennzeichnung des Schaffnerlosenbetriebs, in Form eines roten „S“, benötigt.

Im Einzelnen warben die Wagen meist für eine Kaffeemarke oder auch für die Firma „Doornkaat“. Ende der 70er Jahre trugen diese nur noch kleine Einzelplakate für den öffentlichen Personennahverkehr.

 

Nr. Werbung
100 Onko Kaffee
ÖPNV (Einzelplakat)
101 Kosaken Kaffee
Möbel Franz
102 Doornkaat
103 Doornkaat
104 Jacobs Kaffee
Florida Boy
ÖPNV (Einzelplakat)
105 Constructa
Florida Boy
Janina (Vollreklame)
ÖPNV (Einzelplakat)

 

Die Außerdienststellung

Als erstes schied im Frühjahr 1976 der Wagen 101 aus dem Dienst aus. Der Privatunternehmer „Kock“ aus dem westfälischen Rheine erwarb diesen. Wie lange er dort sein Gnadenbrot verdiente blieb unbekannt.

Im Sommer desselben Jahres folgte Wagen 102. Er wurde dem Arbeiter-Samariter-Bund in Mainz vermacht. Dort sollte er als Küchenwagen umgebaut werden. Nach monatelangem nutzlos Herumstehens wurde er schließlich der Mainzer Berufsfeuerwehr als Übungsobjekt überlassen.

Auch Wagen 103 wurde, schon im Juli 1976, der Berufsfeuerwehr als Übungsobjekt überlassen.

Ein wenig länger überlebte Wagen 105. Dieser wurde erst im Frühjahr 1979 ausgemustert. Allerdings fand seine weitere Verwendung dieselbe wie die Wagen 102 und 103.

Viel besser erging es den Wagen 100 und 104. Der 104er wurden eigens für den Papstbesuch 1981 nochmals aufgearbeitet und glich im Mai 1981 fast Neuwagenstatus. Ursprünglich überlegten die Stadtwerke mindestens einen als historischen Omnibus halten zu wollen. Der zweite sollte als Ersatzteilespender dienen. Allerdings entschied man sich im Juli des Jahres anders. So kam es, dass Wagen 100 und 104 am 30.07. 1981 dennoch ausgemustert wurden. Erworben hatte sie eine „Interessensgemeinschaft zur Erhaltung Altautos“. Während Wagen 104, vermittelt durch diese, direkt an das Deutschen-Straßenbahnmuseum nach Wehmingen gelangte, machte Wagen 100 einen kurzen Zwischenstopp bei einem Privatunternehmer namens „Balke“ im westfälischen „Selm“, ehe er noch im Jahr 1981 ebenfalls an das Deutsche- Straßenbahnmuseum nach Wehmingen gelangte.

Wie lange Wagen 104 dort verweilte ist nicht bekannt, allerdings soll er Mitte der 90er Jahre im Raum Hamburg als Wohnmobil gesichtet worden sein.

Wagen 100 wurde Mitte der 90er Jahre von einer Privatperson aus der Nähe von Braunschweig erworben. In seiner Sammlung befinden sich diverse Pkws und einen beigen 50er Jahre Omnibus der Technischen Werke Kaiserslautern.

Bereits im Sommer 2008 zeichnete sich ab, den Wagen 100 zurück zu erlangen. Interesse an dem schon 50 Jahre alten Büssing hatten gleich mehrere Interessenten. Den Zuschlag erhielt aber dann glücklicherweise der Erstbesitzer.

War doch der Transport mittels Tieflader für Anfang November geplant, so verzögerte sich dieser aber bis zur Nacht auf den 28. November 2008.

 

Die Restauration

Seit der Rückkehr des Wagens wird an seiner Restauration liebevoll gearbeitet.

Zuerst wurde der Wagen gründlich begutachtet sowie bis auf das kleinste Detail dokumentiert. Anschließend erfolge die komplette Zerlegung des Fahrzeugs. Alle Teile wurden katalogisiert und, sofern noch Verwertbar, eingelagert. Nach der langen Standzeit drehte der Motor sogar noch. Um diesen aber nicht zu gefährden wurde eine Lastprüfung nicht vorgenommen. Der Motor wurde gründlich überholt. Ein neuer Tank wurde angefertigt.

Die Restauration des Fahrgestells und der Grundkonstruktion des Aufbaues sowie die Formen für die neue Front- und Heckbeplankung wurden durch die MAN Nutzfahrzeug AG in Wittlich durchgeführt. Die weiteren Arbeiten, wie die Lackierung des Fahrgestells im originalfarbton resedagrün erfolgten wieder in Mainz. Es folgten nun auch der Wiederanbau der ersten Anbauteile, Achsen, Getriebe, Räder und Reifen sowie der Seitenbeplankung. Die nächsten Schritte werden ebenfalls von der MVG eigenen Werkstatt getätigt.

Da die Restauration sehr zeitintensiv ist, aber nur neben dem laufenden Betrieb erfolgen kann, zieht sich diese sehr lange hin und wird auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Aber auf das Ergebnis können wir uns alle freuen.

 

Technische Daten des 100

Baujahr: 1958

PS: 150

Motor: U 11

Hubraum: 9.850 cm³

Höchstgeschwindigkeit: 61 km/h

Zylinder: 6

Getriebe: DIWABUS

Zul. Gesamtgewicht: 15.000 kg

Leergewicht:

Länge: 11,70 m

Höhe:

Breite:

Radstand:

Zul. Achslast vorn kg: 6.000

Zul. Achslast hinten kg: 9.505

Sitzplätze: 31/33+2

Stehplätze: 54

Sitzreihen: 7

Außenfarbe: (RAL 1014) Elfenbein

 

Falls Ihr Bilder oder weitere Infos habt, meldet euch bei [email protected]